Sabrina Jung
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_MISSES_
2022



Miss Adam, 2022
82 x 118 cm










Miss Jacob, 2022
82 x 118 cm










Miss Marc, 2022
82 x 118 cm

 

 

 

 



Installation View, Art Düsseldorf, 2022, Galerie Gisela Clement


Misses
Marina Sammeck

Die Misses (2022) von Sabrina Jung sind eine Serie aus Porträts, die auf Fotografien aus den
Zwanziger- bis Vierzigerjahren beruhen. Die nachträglich kolorierten Bilder verstärken die
typischen Posen und das zurechtgemachte Erscheinen junger Frauen, das für dieses Genre
typisch ist. Durch ihre künstlerischen Eingriffe bricht Sabrina Jung jedoch mit der romantischen
Nostalgie, die man mit diesen Fotografien verbindet. Denn irgendetwas an den Gesichtern der
jungen Damen irritiert, die Gesichtszüge wirken „unharmonisch“ und fügen sich nicht ganz in die
inszenierte Aufmachung ein. Je mehr man sich auf ihren gerade in die Kamera gerichteten, den/die
Betrachter*in geradezu fixierenden Blick einlässt, desto weniger klar erscheint es, wem man in
diesen Bildern eigentlich begegnet.
Bei der Serie der Misses handelt es sich um fiktive Porträts, die in einem digitalen Collageverfahren
entstanden sind. Sabrina Jung wählt aus alten Fotografien, die auf Plattformen wie ebay angeboten
werden, Ausschnitte aus weiblichen und männlichen Gesichtern aus und kombiniert diese zu einem
neuen Antlitz, das sich nicht mehr klar einordnen lässt und keinem binären Geschlechter- und
Schönheitsmodell entspricht.
Die Künstlerin destabilisiert damit zentrale Mechanismen der menschlichen Wahrnehmung und
Gewohnheiten der Kategorisierung. So lassen die Porträts das Gesehene in einer unbequemen
Schwebe, die dem Bedürfnis, Eindrücke schnell einzuordnen, entgegenläuft. Zudem entlarven
die Bilder den Blick, der sich oft noch an einem Schönheitsideal orientiert, das nach „weiblichen“
oder „männlichen“ Merkmalen ausgerichtet ist. Bei den Gesichtern der Misses, die sich diesen
Kategorien entziehen, scheitert der Betrachter unweigerlich.
Die farbkräftigen Kolorierungen, die an das Nachfärben per Hand aus der Zeit der schwarz-weiß
Fotografie erinnern, die eleganten Posen und die damit vollständig brechenden ambiguen Gesichter
machen die Misses zu einer visuell reizvollen Bildserie, die einen herausfordernden, fast spielerischen
Charakter mitbringt. Die Porträts konfrontieren die Betrachter*innen aber auch mit ihren eigenen
stereotypen Sehgewohnheiten. Der Irritationsmoment, den die fiktiven Gesichter auslösen, entsteht
zuletzt auch dadurch, dass sie den gängigen Kategorien nach als „nicht schön“ wahrgenommen
werden. Sie befinden sich auf einer Schwelle, für die es noch keine eindeutigen Begriffe gibt. Damit
fügt sich Sabrina Jungs Serie der Misses in die Debatten um einen erweiterten Identitätsbegriff
ein, der unter dem Begriff der „Queerness“ zurzeit diskutiert wird.

 

 

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