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_POST MORTEM_
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Touched – Post Mortem, Noemi, 2018
70 x 60 cm, 12-Farb Pigmentdruck, Stempelfarbe
 
Photographers masks of death, Nr. 3, 2014
12-Farb Pigmentdruck, Mullbinde, Gips, ca. 22 x 15 x 10 cm
Installationview

Touched – Post Mortem, Hannes, 2018
90 x 70 cm, 12-Farb Pigmentdruck, Stempelfarbe

Touched – Post Mortem, Hands, 2018
40 x 50 cm, 12-Farb Pigmentdruck, Stempelfarbe
 
Photographers masks of death, Nr. 4, 2014
12-Farb Pigmentdruck, Mullbinde, Gips, ca. 22 x 15 x 10 cm
Installationview

Touched – Post Mortem, Cornelia, 2018
70 x 100 cm, 12-Farb Pigmentdruck, Stempelfarbe
 
Photographers masks of death, Nr. 7, 2015
12-Farb Pigmentdruck, Mullbinde, Gips, ca. 22 x 15 x 10 cm
Installationview

Touched – Post Mortem, Anne Marie, 2018
60 x 90 cm, 12-Farb Pigmentdruck, Stempelfarbe
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Installationview, KUNSTWERK, Alison & Peter Klein Stiftung, Stiftungspreis Fotokunst, 2020
Installationview, Kunsthalle Nürnberg, Mit anderen Augen, 2016
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Übermalte Fotografien stecken in einem Wirbel aus Zeitlichkeiten.
(...) Deutlich zurückhaltender sind die manuellen Eingriffe in Sabrina Jungs Serie Touched – Post Mortem (2016-2018), in der die Bearbeitung mit dem Pinsel der direkten Berührung durch die Hand gewichen ist. Die Basis der Bearbeitung bilden hier, wie der Titel andeutet, Post-Mortem-Fotografien, also Aufnahmen von Verstorbenen, die für ein letztes Foto zurechtgemacht wurden. Jung fügt diesen auf Gesicht und Händen ihren Handabdruck zu, als wollte sie sich von den Verstorbenen verabschieden.
Für Jung ist diese Abschiedsgeste von großer Bedeutung. Der Abschied passiert allerdings „auf dem Bild, nicht wie im wahren Leben beim Toten am Totenbett.“ Die Bilder sind, so Jung, „Stellvertreter, sie sind der Träger. Die Beschäftigung mit dem Thema des Sterbens und Verschwindens findet auf der Metaebene statt.“
Für den Abdruck selbst verwendet Jung schwarze Stempelfarbe, die deckender ist als die in der Arbeit Women eingesetzte Lasurfarbe. Dennoch fügt sich der Handabdruck stärker in das Bild ein als die farbige Schminke. Der visuelle Eindruck ist fast der einer Doppelbelichtung. Und tatsächlich bewegt sich Jung mit dieser Geste des Abdrucks im bekannten Metaphernraum der Fotografie. Die Vorstellung, es gebe eine physische Verbindung zwischen fotografiertem Gegenstand und Abbild, der Gegenstand würde sich selbst im Bild abdrücken, wohnt der Fotografie seit ihrer Erfindung inne.7 Sie erhält eine besondere Prägnanz in der Totenfotografie, indem sie den Toten zum Akteur seines Abbildes macht. Jung bedient sich dieses Referenzfeldes und fügt dem Bild (Abdruck) des Verstorbenen ein weiteres hinzu: das ihrer eigenen Hand.
Auch wenn sie sich inhaltlich unterscheiden, gleichen sich beide vorgestellten Serien in ihrem Interesse an dem zu bearbeitenden Foto und dessen Gegenstand. Anders als etwa die ikonoklastischen Gesten Arnulf Rainers mutet Sabrina Jungs Eingriff mit dem Pinsel oder der eigenen Hand wie der Versuch einer Kontaktaufnahme, wie ein Überbrückungsversuch zwischen dem Hier-und-Jetzt und der fotografierten Person an. Im antizipierten Scheitern dieses Versuchs wird jedoch die doppelte Bildlichkeit der übermalten Fotografie deutlich. Denn die Farbe sitzt sowohl im Bild als auch auf dem Bild. Im steten Wechsel des Im und Auf laden die Arbeiten zur Reflexion über Bild, Bildoberfläche und Bildlichkeit ein.
Theresia Stipp
Sprengel Museum Hannover
Mit anderen Augen
(...) Anders verhält es sich aber mit der neueren Reihe der „Totenmasken“, in denen Jung das fotografische Bild an eine mediale Grenze treibt. In den aufgezogenen, nicht zuletzt deshalb verzerrt erscheinenden Gesichtern offenbart sich eine ungewöhnliche Verbindung von Fotografie und Plastik, die ihrerseits auf eine antike Tradition anspielt, die sich insbesondere während des 18. Jahrhunderts großer Beliebtheit erfreute, um sich an die Verstorbenen besser erinnern zu können. Im Zeitalter der Fotografie übernahm diese natürlich die Funktion der Totenmaske; Jung verweist in ihrer ungewöhnlichen Kombination der Medien auf diese alte Wurzel des Fotografischen.
Dr. Stefan Gronert
Kunstmuseum Bonn
(...) Schon im 19. Jahrhundert wurde es üblich, Verstorbene im Bett liegend zu fotografieren. Post Mortem scheint der Mensch zu seiner wahren Identität zurückgekehrt. Wie Totenmasken halten die Fotos das letzte Gesicht eines Menschen fest, der wie von allen öffentlichen Masken „befreit“ zu sich selbst zurückgekehrt zu sein scheint. In der Serie Touched – Post Mortem hat Sabrina Jung die Toten auf den Fotos mit wenigen Farbspuren gleichsam noch einmal berührt, so als ob sie ihnen imaginär noch einmal Leben einhauchen wollte und betont dadurch das Surreale und letztlich doch irgendwie Maskenhafte dieser Inszenierung von Leichnamen.
Ludwig Seyfarth
Stiftungspreis Fotokunst Hängung #22
Alison & Peter Klein Stiftung
Totenmasken reden und schweigen
Photographers masks of death
Sabrina Jung
Durch das Kaschieren eines flachen Fotos auf einen dreidimensionalen Gesichtskörper entstehen groteske Masken. Falten und Knicke, die sich beim aufziehen auf den Träger bilden, erinnern an Falten und Furchen in gelebten Gesichtern. Augen- und Mundpartien wirken leicht verzogen. Es scheint als ob die Portraitierten, im Moment des Todes erstarrt, dem Betrachter in die Augen blicken. Anders als klassische Totenmasken, die das Gesicht des Verstorbenen mit gleichmäßigen, ruhigen und gelösten Gesichtszügen zeigen, stellen diese Masken die Gesichter "grimassenhaft" dar.
Klassische Totenmasken und Portraitfotografien fungieren als Medien der Erinnerung und Konservierung. Totenmasken wurden erstellt, weil der Mensch mit ihnen Tod und Vergehen erfassen und etwas vom Verstorbenen erhalten wollte – das letzte Gesicht. Dieser Gedanke ist auch bei der Betrachtung von Portaitfotografien interessant. Portraitfotos überdauern das Leben des dargestellten Menschen, sofern die Abbildung nicht durch Lichteinfall gänzlich verschwindet oder das Bild auf andere Weise zerstört wird. Sie beweist die Existenz desjenigen, der auf dem Foto abgebildet ist und kann dies über dessen Tod hinaus bezeugen. Auch wenn ein Foto nur imstande ist einen Moment im Leben des Abgebildeten einzufangen, so wissen wir als Betrachter doch um die zeitliche Dimension der menschlichen Existenz und schließen diese gedanklich mit ein. Die Momentaufnahme inkludiert somit die gesamte Lebenszeit des Abgebildeten. Legt man diese Überlegung zu Grunde, so ist auch das Todesbildnis bereits in jedem Portraitfoto eingeschrieben.
Durch die Transformation der zweidimensionalen Potraitfotografien in die dreidimensionale Form der Maske wird der Portraitierte wieder 'fassbar', er bekommt wieder ein plastisches Gesicht, das berührbar und berührend zugleich ist.
death masks talk and Remain silent
Photographers masks of death
Sabrina Jung
The work „Photographers masks of death“ deals with the question if portrait photos could be seen as an effigy of death. To construct the masks I use selected studio portraits from the 1940s and mount them on handmade masks made of plaster. In doing so I create bizarre „death masks“. Wrinkels that appear during the process remind of wrinkels in persons faces by growing older. Eyes and mouth look a bit twisted, it seems as if the persons being photographed are frozen during their death struggle. The mask presents the face like a grimace.
Combining photography and sculpture – portrait and the classical idea of death masks – you recognize that both media are presenting forms of memory and preservation. With the attempt of generating death masks humans try to capture death and the process of passing away while simultaneously avoiing it. This idea is very interesting looking at portrait photos.
A photo records one moment in life, but we know, that their is a lifetime included. When lifetime is presented in the portrait, then the effigy of death would coincidentially be inscribed as well.
The portrait then indicates the forthcoming death as a symbol – trying to preserve life but simultaneously originating death. The portrait becomes a mask of death created by the photographer. Transforming the two-dimensional photo into a three-dimensional mask the idea appears visibly. The photographed person´s face becomes plastic, so it is touchable and in the same moment touching.
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